Führungskräfte
sind maßgeblich am Mobbinggeschehen beteiligt.
37
% aller bekannt gewordenen Mobbingfälle sind durch Vorgesetzte
verursacht worden und in 10 % aller Fälle gehen sie gemeinsam
mit Kollegen und Kolleginnen gegen die Betroffenen vor. Erfahrungen
von Praktikern aus der Mobbingberatung gehen sogar von einer viel
höheren Beteiligungsrate der Vorgesetzten aus (bis zu 80 %).
Was
sind die Gründe, daß Vorgesetzte einerseits ihre Fürsorgepflicht
gegenüber den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verletzen und
darüber hinaus durch ihr Verhalten eine Arbeitsatmosphäre
schaffen, in der sich die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit
der Gemobbten drastisch verringert?
Ein
Erklärungsansatz geht davon aus, daß Mobbing ein Fehlverständnis
von Führungsverhalten zugrunde liegt. Wie im Tierreich, wo
das Leittier im Rudel immer wieder einzelne ohne erkennbaren Grund
beißt oder auf andere Weise attackiert, um die eigene Machtposition
zu unterstreichen, so demonstrieren oft auch Vorgesetzte ihre Machtbefugnisse,
indem sie willkürlich Untergebene schikanieren.
Das
Herausgreifen von Untergebenen für Mobbinghandlungen kann auch
eine Möglichkeit sein, um eigene Unzulänglichkeiten zu
kaschieren. Der/die Gemobbte fungiert dann als Sündenbock.
Auch
das direkte Weitergeben von "Druck von oben" wird von
Vorgesetzten angewendet, um eigene Frustrationen abzubauen.
Häufig
sind Ängste ein zentrales Motiv, wenn Vorgesetzte typische
Mobbinghandlungen als Notlösung einsetzen, um damit scheinbar
die angsterzeugende Situation zu entschärfen. Berndt Zuschlag
hat aus seiner intensiven Auseinandersetzung mit der Mobbing-Problematik
folgende möglichen Ängste von Führungskräften
in Bezug auf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen herausgefunden:
Angst
vor Autoritätsverlust und Machteinbuße im Unternehmen.
Angst
davor, daß ihnen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen "auf der
Nase herumtanzen" könnten.
Angst
davor, daß sich Mitarbeiter/innen über offenkundige Schwächen
der Führungskraft lustig machen und das womöglich noch
für ihre Karriereentwicklung wichtigen Führungskräften
zutragen.
Angst
vor der Informationsweitergabe, weil sie fürchten, durch Verlust
des Wissensvorsprungs in eine existenzbedrohende Defensive zu geraten.
Angst
davor, von anderen für nicht ausreichend informiert, unfähig
oder sogar dumm gehalten zu werden.
Angst
davor, daß andere den Eindruck gewinnen könnten, sie
seien ihrer (Arbeits- oder Führungs-)Aufgabe nicht gewachsen.
Angst
davor, daß ihr pädagogisches Geschick zur sachgerechten
Anleitung, Kontrolle und Führung der ihnen zugeordneten Mitarbeiter/innen
nicht ausreicht.
Angst
davor, daß unzureichend angetriebene Mitarbeiter/innen faulenzen.
Angst
vor Intrigen der Mitarbeiter/innen denen sie sich nicht gewachsen
fühlen.
Angst
davor, daß Mitarbeiter/innen die Führungskraft aus ihrer
Position verdrängen.
Angst
vor Imageverlust gegenüber Mitarbeitern/innen und Vorgesetzten.
Wenn
Mobbing von oben nach unten erfolgt, dann sollte nicht nur der Schaden
gesehen werden, der dem Unternehmen durch Minderleistung, Fehlzeiten
usw. entsteht (nicht zu vergessen die Folgen für die Betroffenen),
sondern auch der Nutzen, den Unternehmen möglicherweise aus
Mobbing ziehen können.
Für
viele Beteiligte ist es ein Tabu, offen in Erwägung zu ziehen,
daß Mobbing auch als personalwirtschaftliches Instrument zum
Personalabbau eingesetzt werden kann. Ist ein/e Mitarbeiter/in lange
genug dem Psychoterror am Arbeitsplatz ausgesetzt und weiß
sich innerbetrieblich nicht mehr zu helfen, dann kann es leicht
zur Selbstkündigung kommen. Das erspart dem Arbeitgeber die
Zahlung einer Abfindung und/oder die aufwendige Prüfung der
Sozialverträglichkeit von betrieblichen Kündigungen.
Quelle:
Mobbingbroschüre der IG Metall
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