Was kann ich gegen Mobbing
unternehmen?
Vorauschicken muss ich hier,
dass ich weder Rechtsanwalt, noch Psychologe bin. Ich bin "nur"
ein, seit 14 Jahren gemobbter Beamter im öffentlichen Dienst.
Und seien Sie versichert, in diesem Zeitraum konnte ich viele Erfahrungen
sammeln. Was können Sie tun?
1. Schreiben Sie alles auf.
Wirklich alles. Auf anderen Seiten werden Mobbingtagebücher
und Beispiele angeboten. Verschwenden Sie keine Zeit auf die äußere
Form. Es ist nicht wichtig, ob Rechtschreibfehler darin enthalten
sind oder ob Sie schön geschrieben haben. Nur, dass Sie alles
mit Datum Uhrzeit und Ort des Geschehens festhalten. Wenn Sie Zeugen
haben, die Ihnen die Vorfälle bestätigen - um so besser.
Lassen Sie sie sofort das Geschehene durch Unterschrift bestätigen
(Der Gedächtnisschwund ist, wenn es hart auf hart geht, enorm).
Auch die kleinste Kleinigkeit kann wichtig werden.
2. Überprüfen Sie
objektiv, ob Sie wirklich gemobbt werden. Das ist eigentlich der
schwierigste Teil. Erzählen Sie Bekannten einen Fall aus ihrer
Firma (in Wirklichkeit natürlich Ihren eigenen) und warten
Sie die Reaktionen ab. Sehen Ihre Mitmenschen den Fall auch als
Mobbing an?
3. Versichern Sie sich professioneller
Hilfe. Nehmen Sie sich einen Rechtsanwalt. Meine Erfahrungen zeigen,
dass Rechtsanwälte, die nach Gebührenordnung abrechnen,
eher zu Ergebnissen kommen. Fangen Sie eine Therapie an, denn mit
Hilfe der Therapie können Sie die harte Zeit der Mobbingabwehr
besser überstehen. Kirchen haben in jeder größeren
Stadt Sozialberatungsstellen. Erkundigen Sie sich nach einer Mobbingberatung.
Es gibt mehr Gemobbte als Sie glauben. Viele davon haben sich zu
Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen. Gewerkschaften bieten Beratungsstellen
und Arbeitgeber der öffentlichen Hand haben ebenfalls oft Sozialberatungsstellen.
Teilen Sie sich auf dieser Seite der Öffentlichkeit mit.
Nicht jede angebotene Hilfe
erweist sich später auch als wirklich hilfreich. In den letzten
Jahren ist um das Mobbing eine regelrechte Mobbingindustrie entstanden,
die gut von den Mobbingopfern lebt. Prüfen Sie deshalb sehr
genau, worauf Sie sich einlassen. Meiner Meinung nach sollten Sie
beispielsweise von Rechtsanwälten, die Ihnen erklären,
dass sie ohne Abrechnung auf Stundenhonorarbasis Ihren Fall nicht
übernehmen können oder angebotenen Mobbingseminaren -
ebenfalls für horrendes Geld - die Finger lassen. Es könnte
sich später nämlich herausstellen, dass Sie neben der
ohnehin schon belastenden Mobbingsituation auch noch finanziell
ruiniert sind.
4. Halten Sie das Mobbing eine
Weile aus. Sonst kann es als einmaliger Konflikt abgetan werden.
5. Geben Sie nicht auf.
6. Holen Sie sich Kraft aus
Mobbingberatungsstellen, von Ihrem Psychologen oder Rechtsanwalt.
Selten von Ihren Freunden, denn Freundschaften werden durch solche
Krisen extrem belastet und können dabei leicht zerbrechen.
Wenn Sie dann alleine dastehen, wird alles nur noch viel schwieriger
sein.
7. Versuchen Sie wenigstens
zeitweise das Mobbing zu vergessen, indem Sie irgendetwas unternehmen.
Machen Sie sich eine Freude.
8. Studieren Sie Mobbingabwehrmechanismen
ein. Beispiel: Ihr Chef überrollt Sie ständig mit den
Worten: Haben Sie mal kurz Zeit?", um von Ihnen anschließend
die Verkaufszahlen der letzten drei Quartale und deren prozentuale
Veränderung zum Vorjahr abzufragen. Stellen Sie sofort die
Gegenfrage: "Worum geht es?" und machen dann einen Termin
aus. Falls Sie zu einem Termin gebeten werden, lassen Sie sich vorher
das Thema geben, um sich vorbereiten zu können. Wenn unberechtigte
Vorwürfe gegen Sie erhoben werden, fangen Sie an ein Protokoll
zu schreiben, welches Sie sich dann unterschreiben lassen. Wenn
Sie unsicher sind, lernen Sie die Worte, mit denen Sie sich in der
Situation wehren wollen, vorher auswendig und spielen die Situation
geistig durch.
9. Laufen Sie nicht blind irgendwelchen
selbsternannten "Mobbinggurus" in die Arme. Für diese "Hilfe" werden
Sie später teuer bezahlen müssen. "Mobbinggurus" leben nur gut,
solange es Mobbing gibt.
Entspannungsübungen kann man
auch in der Volkshochschule machen. Sie brauchen dafür keinen Kurs
zum Preis von DM 2.400,- das Wochenende.
Es gibt Rechtsanwälte, die
nach der Gebührenordnung abrechnen und deren Kosten dann von der
Gewerkschaft oder Berufsverbänden im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung
übernommen werden. Fernsehauftritte und das Erscheinen in der Presse
sind nicht unbedingt ein Zeichen für Qualität, eher ein Zeichen
für gute PR.
Psychosomatische Kliniken
gibt es viele. Lassen Sie sich Prospekte schicken und sehen Sie
sich diese genau an. Sollten viele Bilder von der Umgebung und keine
oder nur sehr kleine vom Haus enthalten sein, machen Sie sich damit
vertraut, dass Sie am Morgen nach Behandlungsantritt in einer umgebauten
Reithalle oder ehemaligen Pferdestall aufwachen können. Sollten
Sie aber keine Pferd sein, besuchen Sie die Klinik Ihrer Wahl vor
Antritt der Behandlung und sei sie auch noch so weit. Lassen Sie
sich das Behandlungskonzept erklären. Prüfen Sie dann genau, ob
die Klinik das bietet, was Ihnen nützt.
Seien Sie in diesen Punkten
sehr sehr vorsichtig, denn nicht selten werden Mobbingopfer durch
die Inanspruchnahme von Hilfe finanziell ruiniert. Die "Mobbingindustrie"
weiß, dass Sie verzweifelt sind und sich an jeden Strohhalm klammern,
der Ihnen dargereicht wird. Scientologie und Ron Hubbard lassen
grüßen.
10. Falls Sie gegen Mobbingattacken vorgehen, seien
Sie kompromissbereit und zukunftsorientiert. Sie müssen
eine Lösung vorstellen, die für alle akzeptabel ist. Nur
dann haben Sie eventuell eine Chance. Vor allem: finden Sie
eine, wie auch immer geartete Lösung für sich, eine Lösung
mit der Sie leben können. Diese Lösung könnte auch
so aussehen, nicht gegen die Mobbingattacken vorzugehen und verstärkt
Ihren Hobbys nachzugehen.
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